Demi Pair in Frankreich

Erfahrungsbericht von Julia

3 Monate als Demi Pair in Südfrankreich und das trotz Corona?!

Bis kurz vor dem Antritt meiner Reise nach Südfrankreich, war ich selbst ziemlich unsicher, ob ich dieses Abenteuer 3 Monate Demipair in einem anderen Land zu Zeiten von Corona und dann noch in Frankreich, einem Land mit hohen Infektionszahlen, überhaupt realisierbar ist oder ob ich kurzfristig doch noch alles stornieren muss oder sogar vielleicht möchte…

Tagtäglich wurden höhere Infektionszahlen gemeldet und die Franzosen haben eigentlich nur darauf gewartet, dass es zu einem erneuten, kompletten Confinement (Lockdown) kommt. Ich stand sehr viel in Kontakt mit meiner Gastfamilie und der Austausch darüber, wie sich die Situation in den kommenden Wochen entwickeln könnte und dass ich mich ggf. darauf einstellen muss, dass alles erneut schließen wird und ich meine Sprachschule sogar nur online haben könnte. Trotz all dem, habe ich mich dafür entschieden diese Reise, wie geplant Anfang Februar, natürlich nur mit negativen Coronatest, zu starten. Und es war die beste Entscheidung, die ich je hätte treffen können.

Denn ich hatte trotz Corona, einer Ausgangssperre im Februar ab 18 Uhr und ab März dann ab 19 Uhr, geschlossenen Restaurants, Kinos, Theatern, Bars und Clubs und ab April dann auch geschlossenen Einkaufsläden und einer Bewegungsbeschränkung von nur 10 Kilometern Radius rund um den Wohnort, eine der schönsten, spannendsten und erlebnisreichsten 3 Monate meines Lebens. Meine Erwartungen wurden trotz der aktuellen Situation stark übertroffen und ich hätte vorher niemals gedacht, dass mir der Abschied jetzt zum Ende meiner Zeit so schwerfallen wird.

Dass ich mich hier in Südfrankreich so wohl und nach kurzer Zeit schon wie zuhause gefühlt habe, habe ich zum Großteil meiner tollen Gastfamilie zu verdanken. Ich wurde sehr herzlich von ihnen empfangen, ich habe mich direkt sehr gut mit meinen Gasteltern und den beiden Kindern verstanden und mich zu jeder Zeit willkommen und sehr wohl gefühlt. Ich wurde wie ein Familienmitglied in die Familie integriert. Und meinen Gasteltern habe ich es zu verdanken, dass ich trotz des Confinements die französische Küche und Kultur und auch die Region super kennenlernen konnte. Meine Gastfamilie hat mit mir einige Nachbarorte besucht, eine Fahrradtour, Spaziergänge am Strand, Wanderungen in den Bergen und mich immer überall mit hin zu ihren Freunden und Bekannten genommen. So wurde es mir nie langweilig, da wir immer etwas zusammen unternommen haben. Meine Gastmutter hat für mich auch alle typischen Gerichte und Spezialitäten gekocht und ich hatte das erste Mal in meinem Leben die Möglichkeit gehabt Meeresfrüchte wie Austern, Muscheln und Schnecken zu essen. Aber auch viele andere Spezialitäten wie Crêpes, Raclette oder der Wein direkt aus der Region durften natürlich nicht fehlen. Ich bin meiner Gastfamilie sehr dankbar für all das vor allem, da ich nie gezwungen wurde etwas zu essen oder auszuprobieren oder den Tag mit ihnen zu verbringen. Sie haben mich immer selbst entscheiden lassen, was ich letztendlich gemacht habe und es war schön, dass meine Gastfamilie so verständnisvoll und kommunikativ war. Denn so habe ich neben dem Unterricht in der Sprachschule nicht nur die Grammatik und viele Vokabeln auffrischen können, sondern habe auch nachmittags nach der Schule ganz viele Begriffe und Ausdrücke aus dem Alltag gelernt, da ich nur auf Französisch den ganzen Tag gesprochen habe und unglaublich viel dazugelernt habe. Ich hatte zwar schon Vorkenntnisse in Französisch aber durch die Sprachschule und besonders durch den Alltag und den Kontakt zu vielen Franzosen durch meine Gastfamilie konnte ich mein Niveau nochmal sehr verbessern. Nach 4 Wochen habe ich bereits große Fortschritte gemerkt und mein erstes „einfaches“ Buch auf Französisch gelesen und nach 8 Wochen hatte ich das Gefühl, dass ich fast alles auf verstehen kann und ich habe sogar angefangen eine Serie auf Französisch zu gucken und ich war selber überrascht, wie viel ich mittlerweile verstehen kann.

Mein Alltag sah so aus, dass ich jeden Morgen gegen 7:00 Uhr aufgestanden bin, das Frühstück für die Kinder vorbereitet habe und mich selbst für die Schule vorbereitet habe. Gegen 8:00 Uhr bin ich dann immer zum Bahnhof gegangen, um den Zug in die Stadt zu nehmen. Von 9:00 Uhr bis 12:15 Uhr hatte ich dann Unterricht und danach bin ich manchmal noch in der Stadt geblieben, um mit meinen Freunden im Park nach der Schule zu essen. Oft bin ich aber auch direkt nach der Schule zurück nach Hause gefahren und habe dann bei meiner Gastfamilie gegessen. Mittags war meistens niemand zuhause, da meine Gasteltern gearbeitet haben und die Kinder in der Schule waren. Außer mittwochs, da haben die Kinder in Frankreich nämlich keine Schule und somit waren dann die Kinder und auch meine Gastmutter mittags zuhause und wir haben zusammen gegessen. Nach dem Essen habe ich dann meistens Kleinigkeiten im Haushalt wie das Ein- und Ausräumen der Spülmaschine, das Zusammennehmen der Wäsche von den Kindern und das Einräumen der Wäsche in den Kleiderschrank übernommen oder auch mal das Staubsaugen. Dann habe ich meine Hausaufgaben gemacht und danach hatte ich meistens noch etwas Freizeit, die ich dann oft genutzt habe, um Sport zu machen, oder auch um in den Bergen wandern zu gehen oder an den Strand zu fahren. Meine Gastfamilie hat mir dazu ein Fahrrad zur Verfügung gestellt. Um 16:30 Uhr habe ich dann meistens die Kinder von der Schule abgeholt und bin mit ihnen noch oft in den Park gegangen, damit sie dort noch ein bisschen spielen konnten. Nach dem Park haben wir dann im Haus noch zusammen gespielt und gegen 19:00 Uhr war es dann oft meine Aufgabe das Abendessen für die Kinder vorzubereiten. Um 20:00 Uhr sind die Kinder dann ins Bett gegangen und ich habe dann in Ruhe mit meinen Gasteltern zusammen gegessen und meistens noch ein bisschen Fernsehen geguckt, bevor ich mich dann selber zurückgezogen habe, um die Zeit abends noch zu nutzen, um mit meiner Familie und Freunden zu telefonieren.

Mich dafür zu entscheiden in einer Gastfamilie zu leben, war also eine sehr gute Entscheidung und die Familie ist mir sehr ans Herz gewachsen, sodass beim Abschied sogar Tränen geflossen sind und ich jederzeit die Möglichkeit habe wieder zurückzugkommen und die Familie zu besuchen und vielleicht ja nochmal Urlaub in Südfrankreich zu machen, dann wenn hoffentlich auch alle Restaurants wieder geöffnet haben.

Wie bereits beschrieben habe ich nicht direkt in der Stadt, da wo ich die Sprachschule besucht habe gewohnt, sondern ca. 30 Kilometer entfernt in einem etwas kleinerem, aber wunderschönen Ort mit ca. 50.000 Einwohnern mit einer perfekten Lage zwischen Meer und Berge. Zunächst war ich etwas skeptisch, ob ich nicht lieber direkt vor Ort wohnen möchte. Im Nachhinein kann ich sagen, dass es perfekt so war, wie alles gekommen ist. Die ganze Region ist wunderschön und dadurch, dass ich näher am Meer gewohnt habe, hatte ich immer die Möglichkeit innerhalb von 15 Minuten mit dem Fahrrad an den Strand zu fahren, oder direkt hinter dem Haus in den Bergen wandern zu gehen. Und die Zugverbindung in die Stadt war auch super, sodass ich innerhalb von 15 – 20 Minuten jeden Tag an der Sprachschule war.

Die Erfahrung eine Sprachschule zu besuchen war für mich auch neu, da ich es bisher nur kannte Französisch in Deutschland in der Schule zu lernen. Zusammen mit anderen Deutschen und mit der Erklärung von Vokabeln und Grammatik auf Deutsch. In der Sprachschule hatte ich natürlich einen Franzosen als Lehrer und somit wurde auch alles nur auf Französisch erklärt, wobei manchmal auch Englisch als Hilfe genommen wurde, sodass man sich nie Sorgen machen musste, etwas nicht zu verstehen. Auch von meinen Mitschülern kam niemand aus Deutschland. Ich war in einem bunt zusammengewürfelten Kurs mit 12 Schülerinnen und Schülern zwischen 18 und 32 Jahren aus den unterschiedlichsten Ländern wie Kolumbien, Japan, Korea, der Schweiz, dem Iran, Amerika und Australien. Wir hatten alle ungefähr das gleiche Französischniveau und die anderen kannten sich zum Teil auch schon, da sie schon länger in der Sprachschule waren. Andere sind nach und nach aber auch erst dazugekommen. So hatte ich die Möglichkeit viele Leute aus anderen Ländern kennenzulernen und viele Freundschaften zu schließen. Am Anfang hat uns nicht viel verbunden außer, dass wir alle in der Schule waren, um Französisch zu lernen. Ich habe aber sehr schnell Anschluss gefunden, da alle aufgeschlossen und sehr nett waren. Wir haben in den Pausen immer zusammen Uno gespielt und nachmittags waren wir oft noch im Park oder wir haben auch eine Fahrradtour zusammen zum Strand gemacht. Ich hätte niemals gedacht, dass ich in diesen 12 Wochen so enge Freundschaften schließen kann. An meinem letzten Schultag wurde ich dann noch sehr herzlich mit Pizza und sogar kleinen Geschenken verabschiedet und ich war sehr traurig, dass meine Zeit mit ihnen jetzt schon vorbei ist, da die meisten noch ein paar Monate bleiben. Ich bin auch sehr froh darüber, dass ich die ganze Zeit Präsenzunterricht vor Ort in der Schule hatte, da ich so einfach viel mehr Kontakt zu meinen Freunden hatte und sonst wahrscheinlich nie die Möglichkeit gehabt hätte nun Freunde überall auf der Welt verteilt zu haben. Dieses Geschenk ist das größte und schönste, was ich von meiner Reise mitnehme. Und ich hoffe sehr, dass ich irgendwann die Möglichkeit habe, alle wiederzusehen.

Die staatlichen Schulen in Frankreich waren zwar im April für 3 Wochen geschlossen aber dadurch, dass ich an einer Privatschule war, konnte der Unterricht weiter in Präsenz stattfinden und auch ich durfte für den Unterricht in die Stadt fahren, mich also weiter als 10 Kilometer von meinem Wohnort wegbegeben.

Im Februar und März konnte ich zum Glück auch noch viele Ausflüge, die von der Schule angeboten wurden, mitmachen und viele Orte in der Nähe wie Marseille, Nîmes, Aix-en-Provence und Sète besuchen, die ich mit meiner Gastfamilie noch nicht gesehen hatte und somit bin ich sehr froh, diese 8 Wochen genutzt zu haben um die wunderschöne Region in Südfrankreich kennenzulernen. Diese Ausflüge waren während des Confinement im April dann leider nicht mehr möglich. Dafür konnte ich die letzten 4 Wochen dann noch gut mit meiner Gastfamilie nutzen.

Alles in allem bin ich froh, meine Reise Anfang Februar angetreten und diese Erfahrung gemacht zu haben. Auch wenn durch Corona nicht alles möglich war, wie zum Beispiel im Restaurant zu essen oder einfach mal abends noch in eine Bar zu gehen oder nach 19 Uhr unterwegs zu sein. Trotzdem habe ich eine sehr schöne und unvergessliche Zeit gehabt, tolle Freundschaften geschlossen und ich bin sehr traurig, dass diese Zeit nun vorbei ist.

Ich kann jedem, der überlegt ins Ausland oder gerade auch nach Frankreich zu gehen nur empfehlen, dieses auch zu machen und dieses einmalige Erlebnis wahrzunehmen. Ich habe so viel dazugelernt nicht nur sprachlich, sondern auch persönlich für mich. Und trotz der Tatsache, dass ich durch den Lockdown wahrscheinlich den schlechtesten Zeitpunkt für einen Aufenthalt in Frankreich gewählt habe, war diese Zeit gerade dadurch aber auch irgendwie besonders und trotzdem wunderschön.

Und jetzt, wo ich abreise, wird auch alles wieder gelockert und ab Mitte Mai soll man wieder draußen auf den Terrassen der Restaurants essen dürfen, die Geschäfte werden wieder öffnen und auch die Bewegungseinschränkung mit den 10 Kilometern gibt es nicht mehr. Es wird also alles wieder besser und dann noch jetzt im Sommer mit dem Meer und dem Strand, einfach perfekt.

Letztendlich bin ich mit allem sehr zufrieden und dazu hat auch ein Großteil die Organisation Active Abroad beigetragen. Die ganze Organisation im Voraus hat problemlos geklappt und bei Fragen und Problemen konnte ich mich jederzeit an sie wenden.

Vielen Dank dafür!

Julia

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