Au Pair in Spanien

Erfahrungsbericht von Anna-Lena

"Nach dem Abitur für ein halbes Jahr ins Ausland gehen, in ein Land dessen Sprache ich kaum spreche und wo ich niemanden kenne? Für mich war das lange Zeit, noch bis kurz vor meinem Abschluss unvorstellbar, doch jetzt sitze ich hier, mit den tollsten sechs Monaten hinter mir und kann sagen, ich bereue es kein Stück.
Als ich am 12. September 2019 dann doch ins Flugzeug stieg, auf dem Weg nach Sevilla, überkamen mich auch schon die ersten Zweifel. Wie soll ich bitte so lange ohne meine Familie aushalten und dafür in einer Familie leben, die ich garnicht kenne? War das wirklich die richtige Entscheidung? Mit Bauchkribbeln ohne Ende und schwitzigen Hände bin ich zwei einhalb Stunden später in Sevilla gelandet und machte mich auf die Suche nach meiner Gastfamilie. Zwei meiner drei Gastkinder und mein Gastvater haben mich abgeholt und sehr herzlich in ihre Obhut genommen.
Von Anfang an habe ich mir sehr wohl gefühlt und trotz dessen, dass ich anfangs nur Englisch sprach und mich dadurch nur mit den Gasteltern verständigen konnten, hat die Chemie zwischen mir und meinen beiden jüngeren Gastkindern direkt gestimmt. Es hat etwas länger gedauert bis ich an meinen ältesten Gastjungen rankam, was daran lag, dass wir kaum Zeit miteinander verbrachten. Er war viel mit seiner Mutter unterwegs und ich habe hauptsächlich auf die beiden Kleinen aufgepasst, aber nach einigen Wochen brach auch langsam das Eis zwischen uns.
Trotz dessen, dass ich mich sehr wohl gefühlt habe und eine super liebe Gastfamilie gefunden hatte, war der Anfang nicht leicht. Jeden Tag sammelte ich ganz viele neue Eindrücke, alles war noch fremd und unvertraut und wirkliche Freunde hatte ich in der ersten drei Wochen auch noch nicht gefunden. Aber das Durchbeißen hat sich mehr als gelohnt.
Sobald die Sprachschule anfing und sich ein regelmäßiger Tagesablauf einspielte wurde es auch von Tag zu Tag einfacher und ich fing an meinen Aufenthalt richtig zu genießen. Vor allem die Wochenenden wurden zu den Highlights. Mit den anderen Au Pairs, die ich durch die Sprachschule oder die Organisation kennengelernt habe, machten wir die verschiedensten Sachen. Ob für einen Tag oder sogar ein ganzes Wochenende an den Strand fahren, in Sevilla auf der Alameda die Bars unsicher machen oder einfach ganz entspannt im Parque María Luisa chillen. Wir verbrachten extrem viel Zeit zusammen und schon bald wurden aus fremden Leuten neue Freunde, mit denen ich auch heute noch guten Kontakt habe.
Auch mit der Sprache wurde es jeden Tag immer einfacher. So konnte ich als ich in Spanien ankam grade einmal ein paar Bruchstücke wie „Hola!“, „Me llamo Anna-Lena“ oder „Soy de Alemania“, so kann ich jetzt sogar ganze Gespräche auf spanisch führen und spanische Serien ohne große Probleme verstehen. Zu der schnellen Verbesserung hat nicht nur der tägliche Unterricht in der Sprachschule geführt, sondern vor allem auch das eigenständige spanisch Reden mit meinem jüngsten Gastkind. Zwar wurde mir von den Gasteltern gesagt, ich solle mit allen Kindern auf englisch sprechen, aber bei einem vier jährigen Kind, welches seine eigene Sprache noch nicht perfekt beherrscht, ist das überaus schwierig. Deshalb habe ich mit ihm, nach Absprache mit den Gasteltern, überwiegend spanisch gesprochen, was mir extreme Fortschritte gebracht hat und sehr amüsant für alle Zuhörer gewesen sein muss.
Während meiner Zeit in Spanien hatte ich verhältnismäßig lange Arbeitszeiten, was mir aber von vorne rein bewusst war. Besonders am Anfang ist aber grade dies sehr hilfreich, weil ich so viel Zeit mit den Kindern verbracht habe und sie sich dadurch schnell an mich gewöhnen und Vertrauen zu mir aufbauen konnten. Aber auch am Ende hat mich das viele Arbeiten nie gestört, weil ich mich sehr gut mit den Kindern verstanden habe und mir die Arbeit sehr viel Spaß gemacht hat. Zudem war meine Aufgabe nicht sehr anstrengend, weil ich lediglich auf dem Spielplatz als Aufsichtsperson fungiert habe und nur in seltenen Fällen die Kinder beschäftigen musste, da sie dort ihre Freunde hatten. Zuhause musste ich die Kindern dann duschen, was mir viele amüsante Momente und Diskussionen gebracht hat.
Zudem sollte ich alle zwei Tage jeweils eine Stunde Englisch Unterricht mit meinem Gastmädchen machen. Das Schwierigste daran war, es durchzuhalten, dass sie eine Stunde lang die Aufmerksamkeit auf das Englisch legte und nicht auf meinem Schoß rumkletterte oder mir die Haare machen wollte. Mittlerweile war sie nämlich wie eine neue kleine Schwester für mich geworden und unser Verhältnis war ganz anders als das einer Lehrerin und Schülerin.
Als es dann langsam immer schneller Richtung Abschied ging, fiel es mir auch immer schwerer wieder nach Hause zu müssen. Ich hatte so eine tolle Zeit in Spanien und wollte nicht, dass es zu Ende geht. Wie viele Lieder würde ich nicht mehr hören können, ohne an die Zeit in Spanien denken zu müssen? Wie oft würde ich mir die Fotos und Videos anschauen und mir nichts sehnlicher wünschen, als die Zeit nochmal zu erleben? Ich habe so viele neue Erfahrungen gemacht, bin extrem an mir selber gewachsen und kann sagen, „Das war die schönste Zeit.“
Der wirkliche Abschied war extrem hart. Als ich in Sevilla angekommen bin, hätte niemals gedacht, dass ich bei meiner Rückkehr nach Deutschland weinen würde und doch ist es so gekommen. Morgens habe ich mich von meinen Au Pair Freundinnen verabschiedet und mit Tränen in den Augen versprachen wir uns, dass es nicht das Ende unser Freundschaft ist. Mittags war es dann Zeit von meiner Gastfamilie Abschied zu nehmen. Mein Gastvater und mein jüngstes Gastkind haben mich zum Flughafen gebracht, von den anderen habe ich mich zuhause verabschiedet. Es wurden Umarmungen und „besos“ ausgetauscht, während die Tränen flossen. Nachdem ich mich am Flughafen auch schweren Herzens von den anderen beiden verabschiedet habe, ging es dann schließlich zum Gate und ich stieg ins Flugzeug nach Hause.
Ich werde meine Zeit in Sevilla niemals vergessen und immer glücklich darüber sein, dass ich diesen Schritt gewagt habe. Die Erfahrungen die ich gemacht habe, haben mich als Mensch extrem positiv bereichert, dass ich jetzt viel offener und zufriedener mit mir selbst bin. Ich habe so viel gelernt, nicht nur über eine andere Kultur und Lebensweise, sondern auch über mich selber. Deshalb und aus noch viel mehr Gründen, kann ich nur jedem ans Herz legen, sich nach dem Abitur die Zeit zu nehmen um sich selber im Ausland völlig neu zu entdecken, denn es lohnt sich."

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